Erneuerung Ihrer Unternehmensversicherung in turbulenten Zeiten

5. Dezember 2022

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Von Bart Oversier - Sachverständiger für große und komplexe Schäden

In wirtschaftlich schwierigen Zeiten wirkten sich die Maßnahmen zur Bekämpfung der Ausbreitung von COVID-19 negativ auf den Umsatz von Unternehmern weltweit aus. Während der Sperrzeiten organisierte die niederländische Regierung Hilfen, um das Risiko eines massenhaften Umsturzes von Unternehmen zu mindern - die wichtigste Initiative waren die NOW-Programme.

Großflächige Auswirkungen auf Lieferketten und Wiederaufbauzeiten

Die letzte Abriegelung in den Niederlanden ging im Februar 2022 zu Ende. Kurze Zeit später marschierte das russische Militär in die Ukraine ein. Nach der Invasion kam es in der europäischen Wirtschaft nicht nur zu einer Verknappung der Waren, sondern auch zu noch längeren Lieferfristen. Darüber hinaus schnellten die Inflationsraten in die Höhe, da die weltweiten Energie- und Rohstoffpreise stark anstiegen.

Engpässe in der Lieferkette - auch bekannt als Engpässe bei Waren und Dienstleistungen - sind nicht die einzige Sorge. Die Niederlande sind mit einem Arbeitskräftemangel konfrontiert, der dazu führt, dass viele Sektoren unterbesetzt sind. Die Engpässe in der Lieferkette und auf dem Arbeitsmarkt führen zu langen Lieferzeiten für Waren und Dienstleistungen. Für diejenigen, die von Sachschäden betroffen sind, verlängert sich dadurch der Zeitraum, der erforderlich ist, um verlorene Waren und Bestände zu ersetzen. Auch die Zeiträume für die Wiederherstellung werden immer länger.

Was die Regelungen in den Niederlanden betrifft, so wurden zwei Entwicklungen hinzugefügt, die den Wiederaufbau von Strukturen betreffen:

Entwicklung 1

Wer neu bauen will oder größere Bauschäden beheben muss, muss eine Umweltgenehmigung (früher Baugenehmigung) beantragen. Der Zeitpunkt der Antragstellung bestimmt die Anforderungen, die erfüllt werden müssen. Ein Antrag, der heute gestellt wird, muss zum Beispiel den heute geltenden Vorschriften der Bauordnung entsprechen. Ab dem 1. Februar 2022 ist der Bauherr verpflichtet, im Falle einer größeren Renovierung (sprich: Behebung eines größeren Gebäudeschadens) das Gebäude mit einem hohen Anteil an erneuerbarer Energie zu versorgen. In der Praxis bedeutet dies, dass die Installation von Sonnenkollektoren, eines Heizkessels und/oder einer Wärmepumpe erforderlich ist. Vor allem Wärmepumpen sind jedoch kaum erhältlich, da sie einerseits in der Lieferkette knapp sind und andererseits aufgrund der stark gestiegenen Gaspreise massenhaft bestellt werden müssen. Die Folge ist, dass sich die Bauzeiten immer weiter verlängern.

Entwicklung 2

Am 2. November 2022 entschied die Abteilung für Verwaltungsrecht des Staatsrats, dass die Bauausnahme für Stickstoff nicht mit dem europäischen Naturschutzrecht vereinbar ist. Infolgedessen kam die Abteilung zu dem Schluss, dass diese Bauausnahme nicht für Bauvorhaben verwendet werden darf. Obwohl damit die Baufreistellung wegfällt, bedeutet dies nicht, dass es nun ein totales Bauverbot gibt. Wie vor der Einführung der Bauausnahme müssen die möglichen Folgen von Stickstoffemissionen nun projektbezogen untersucht werden. Es ist zu erwarten, dass sich dieses Urteil mit Verzögerung auf die Erteilung von Genehmigungen auswirken wird.

Diese komplexen Entwicklungen werden dazu führen, dass die übliche Versicherungsdauer von 52 Wochen viel häufiger als bisher nicht ausreicht, um die Wiederherstellung vollständig abzuschließen. Um die Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs zu gewährleisten, sollte man sich für eine Versicherungsdauer von mindestens 78 bis 104 Wochen entscheiden. Natürlich ist vor einer Entscheidung eine unternehmensspezifische Risikoinventur notwendig.

Überlegungen zu den Einnahmen nach dem COVID

Viele Unternehmen, darunter das Gastgewerbe, mussten 2020 und 2021 aufgrund der Schließungen Umsatzeinbußen hinnehmen. Andere Sektoren profitierten davon, bekannte Beispiele sind Supermärkte und Einrichtungshäuser. Unabhängig davon, ob die Unternehmen unter den Schließungen gelitten oder davon profitiert haben, können wir davon ausgehen, dass viele von ihnen ungewöhnliche Umsätze verzeichneten. Dies wirkt sich auf die Bestimmung des versicherbaren Interesses für Unternehmensverluste aus.

Das letzte Jahr, für das die Zahlen eines Unternehmens "endgültig" sind, dient oft als Referenz für die Erklärung des versicherbaren Interesses. Wenn dieses maßgebliche Jahr 2020 oder 2021 ist, dann ist es wichtig, die Zahlen dieses Jahres im Hinblick auf die Auswirkungen von COVID-19 auf den Jahresumsatz zu kennen. Ein Anstieg oder Rückgang des Umsatzes um mehr als 30 % könnte unmittelbar bevorstehen. Bei einem Anstieg um mehr als 30 % droht eine Unterversicherung, bei einem Rückgang um mehr als 30 % droht eine Überversicherung. Ein Teil der zu viel gezahlten Prämie kann nicht zurückgefordert werden, da er nicht in die Bandbreite der üblichen Erhöhungs-/Senkungsklausel fällt.

Bedenken hinsichtlich der Inflation

Die Inflation war bereits durch die großzügige Geldmarktpolitik der nationalen Banken zur Ankurbelung der Wirtschaft während der Pandemie angezogen worden, stieg aber aufgrund des Krieges in der Ukraine und der daraus resultierenden Verknappung von Rohstoffen, Energie und Waren rasch an. Die harmonisierte Inflationsrate (HVPI-Index) in Europa lag im September dieses Jahres um fast 10 % höher als ein Jahr zuvor. In den Niederlanden lag dieser Wert mit 17 % sogar noch höher. Dies ist der höchste jemals gemessene Wert und eine noch nie dagewesene Wende im Vergleich zu den vielen Jahren zuvor, in denen es kaum eine Inflation gab.

Bei Betriebsunterbrechungsversicherungen erfordert die hohe Inflationsrate eine sorgfältige Festlegung der Versicherungssumme. Bei gleichbleibendem Umsatz (Volumen) kann der Umsatz eines Unternehmens stark ansteigen, weil die Verkaufspreise höher sind. Ob dadurch auch das versicherbare Interesse steigt, ist von Unternehmen zu Unternehmen unterschiedlich. Es hängt davon ab, in welchem Maße die variablen Kosten steigen. Steigen sie schneller oder langsamer als die Verkaufspreise? Der Einfluss der Inflation auf den Zins (in etwa die Differenz zwischen Umsatz und variablen Kosten) erfordert daher eine genauere Analyse auf Unternehmensebene, um eine Unter- oder Überversicherung außerhalb der Grenzen der Erhöhungs-/Verminderungsklausel zu vermeiden.

Die Inflation kann sich auch auf die Berechnung des Betriebsschadens nach Eintritt eines Versicherungsfalls auswirken. Zum Beispiel:

  1. Künftige Einnahmeverluste werden üblicherweise anhand der bisherigen Entwicklung der Einnahmen berechnet. Unter den derzeitigen Bedingungen ist es jedoch fraglicher denn je, wie stark diese Entwicklung in Zukunft sein wird, wenn sie hauptsächlich durch die Inflation bedingt ist.
  2. Der vergangene Zinssatz ist als Indikator für den Zinssatz im Anspruchszeitraum weniger geeignet als in der Vergangenheit. Wie bereits erwähnt, hängt er sehr stark davon ab, inwieweit der Unternehmer auf der Einkaufsseite Inflation erfährt und inwieweit er diese weitergeben kann. Die Bruttomarge und damit der Zinssatz können sich dadurch stark verändern.
  3. Bei der Beurteilung, ob Produktionsausfälle innerhalb des versicherten Zeitraums aufgeholt werden können, muss nun stärker berücksichtigt werden, inwieweit dies dann auch mit der gleichen Marge geschehen kann. Wenn steigende Einkaufspreise nicht oder nicht ausreichend in den Verkaufspreisen weitergegeben werden können, ist die Marge während der Aufholproduktion geringer, als wenn die Produktion nicht eingestellt worden wäre. Dann verbleibt trotz des Aufholens des Produktionsausfalls eine operative Verlustkomponente.

Blick nach vorn

Aktuelle Entwicklungen spielen bei der Verlängerung von Betriebsunterbrechungspolicen eine Rolle. Mehr denn je ist ein besonderes Augenmerk auf den versicherten Zeitraum und die Festlegung der Versicherungssumme zu richten. Die häufigste Versicherungsdauer von 52 Wochen scheint einer gründlichen Überarbeitung zu bedürfen. Da die Bestimmung des versicherbaren Interesses mit mehr Unsicherheiten behaftet ist als bisher, könnte eine Erhöhung des üblichen Prozentsatzes von 30 % in der Erhöhungs-/Verminderungsklausel in Betracht gezogen werden.